von Prof. Dr. iur. Thorsten S. Richter
- Wie geht man mit den Interessengegensätzen am Arbeitsplatz um?
- Mein Trick: das Denken in Objekt– und Meta-Ebenen!
Stichworte: Führungskraft, Denken in Ebenen, Meta-Ebene, Objekt-Ebene, Werte der Führungskraft, Streitbeteiligte, Interessensgegensätze ausgleichen, Lösungsansätze bei Konflikten im Unternehmen
Auf einem Blick
Fall
1 Interessenkonflikte bestehen überall!
2 Sicht auf der Objekt-Ebene
3 Sicht aus der Meta-Ebene
4 Fazit
1
Interessenskonflikte bestehen überall!
- Wichtige Erkenntnis: Interessenkonflikte existieren zwischen allen Beteiligten
- Ziel: bestmöglicher Ausgleich aller Interessen, win-win-Situation
- Methode: Analyse der Interessen der einzelnen Beteiligten auf der Objekt-Ebene und Erarbeitung einer Kompromiss-Lösung dann von der Meta-Ebene aus
Zu unterscheiden sind u.a. die folgenden Beteiligten:
2
Objekt-Ebene
Arbeitgeber
Eigene Interessen:
- muss/will Gewinne erzielen
- benötigt Arbeitskräfte für sein Unternehmen
- verwirklicht sich mit seinem Unternehmen selbst
- muss Kosten gering halten, evtl. sogar reduzieren
- meint, dass manche Arbeitnehmer zu viel kosten
- will wenig Aufwand haben
- alles soll „von alleine“ laufen
- empfindet manche Mitarbeiter als zu wenig motiviert
Tipps:
- klare Regelungen z.B. zur Verhinderung von Diebstählen im Unternehmen
- als Anreiz z.B. Leistungslohnvereinbarung
- Rückzahlungs- und Kürzungsklauseln bei Verlassen des Unternehmens
- motivierende Arbeitsumgebung schaffen
- Kündigungsverbot für Bewerber
- Vertragsstrafenklausel für den Fall des Verlassens ohne Einhaltung von Kündigungsfristen
- etc.
Arbeitnehmer
Eigene Interessen:
- muss/will seinen Lebensunterhalt verdienen
- hat eine Ausbildung/Kenntnisse, die er am Arbeitsplatz einbringen und vertiefen möchte
- will seine Persönlichkeit auch am Arbeitsplatz verwirklichen
- sucht soziale Kontakte
- bekommt weniger als er „verdient“ – sowohl finanziell als auch Belobigungen, das will er ändern und nicht hinnehmen
- will auch mal Privates am Arbeitsplatz machen und sich ausruhen
- hat keine Lust mit „einer Chefin/einem Chef“ zu arbeiten, den man als zu „ausbeuterisch“ ansieht
Tipps:
- Fortbildungen mit Rückzahlungsklausel, für den Fall, dass er das Unternehmen danach verlässt
- flexible Arbeitsort-Modelle, z.B. Homeoffice,
- großzügige Nebentätigkeits-Erlaubnisse
- leistungsorientierte Bezahlung oder Incentives
- Mitarbeiterumfragen machen, um Missstände zu erkennen und abzuhelfen
- gute Corporate Identity leben
- nachhaltige Unternehmensziele
Personalverantwortlicher
Eigene Interessen:
- muss/will seinen Lebensunterhalt verdienen
- ist dafür verantwortlich, dass im Personalbereich alles „läuft“
- muss die Interessen des Arbeitgebers bei den Arbeitnehmern gut „verkaufen“
- ist selbst Arbeitnehmer, und hat ähnliche Interessen wie der Arbeitnehmer, vgl. oben, z.B. Persönlichkeitsentwicklung auch am Arbeitsplatz
- hat auch ein Privatleben und will abends irgendwann einmal nach Hause
- will nach der Arbeit „abschalten“ und nicht noch zu Hause an dienstliche Probleme aus der Arbeit denken müssen
Tipps:
- klare Definition dessen, was vom Arbeitgeber am Arbeitsplatz geduldet wird und was nicht
- einfach zu organisierenden Arbeitsalltag schaffen, mit einfachen Abläufen
- motivierende Arbeitsbedingungen z.B. mit Leistungsanreizen
- leicht auf die Arbeitnehmer anzuwendende Bindungswerkzeuge wie z.B. flexible Arbeitszeitmodelle
Anwälte und Unternehmensberater hinter den einzelnen Objekt-Beteiligten
Eigene Interessen:
- muss/will seinen Lebensunterhalt mit der Beratung verdienen
- will wenig Aufwand und möglichst viele Beratungsstunden abrechnen
- ist zwar Außenstehender, aber doch parteiisch, d.h. handelt für seinen Mandanten/Kunden
- verstehen manchmal die Interessen des Mandanten/Kunden nicht oder wollen den Mandanten/Kunden nicht verstehen, da dieser so „unvernünftig“ und „unbelehrbar“ handelt und doch die Berater es am Besten wissen, was für den Kunden gut ist
Tipps:
- transparente Verhältnisse in der zu beratenden Firma
- arbeitsrechtlichen Bindungswerkzeuge sind bekannt
Kunden
Eigene Interessen:
- wollen gute Ware bzw. Leistung vom Arbeitgeber für wenig Geld
- sind sehr an gutem Service durch die motivierten, immer anwesenden Arbeitnehmer interessiert
- mögen es gar nicht, wenn man ihre Bedürfnisse nicht wirklich ernst nimmt, z.B. zu lange Mittagspausen
- wollen immer etwas umsonst bekommen, und wenn es kleine „Beigaben“ und „Vorteile“ sind, z.B. frühere Lieferung, freien Transport, Preisnachlass
- wollen/müssen nicht Liefer- oder Führungsprobleme und gegensätzliche Interessen des Unternehmers bzw. der Arbeitnehmer berücksichtigen
Tipps:
- die Bedürfnisse der Kunden müssen herausgefunden werden
- und die Arbeitnehmer z.B. mit flexiblen Arbeitszeitsystemen, motivierendem Arbeitsumfeld, etc. bei Laune gehalten werden
3
Meta-Ebene
Gewissen
Eigene “Interessen”:
- will ruhig schlafen, in Ruhe leben,
- rührt sich, wenn man „krumme“ Dinge macht
- lässt einem nicht schlafen und gibt keine Ruhe, wenn eine Entscheidung falsch ist oder man sich auf dem falschen Weg befindet
- zeigt einem deutlich an, was man in Wirklichkeit machen sollte
- führt einem den Weg zum richtigen Handeln und zum ruhigen Schlaf
Tipps:
- offener Umgang mit den eigenen Wünschen, Erwartungen und Gefühlen
Gerichte
Eigene Interessen:
- werden oft angelogen
- müssen als Streitschlichter in Fällen herhalten, die eigentlich sehr einfach zu lösen wären, wenn die Beteiligten vernünftig wären
- können die Streitfälle relativ unabhängig und unparteiisch betrachten
- werden dafür bezahlt, ein rechtsstaatliches, unabhängiges Verfahren durchzuführen
- sind nur begrenzt an den Inhalten, die ihnen vorgetragen werden interessiert
Tipps:
- Arbeitgeber sollte Informationen über Gepflogenheiten vor Gericht einholen
unabhängige Berater
Eigene Interessen:
- sollten am besten nicht finanziell von dem Beratenen abhängig sein
- legen dem Ratsuchenden alle Interessenkonflikte dar und
- finden zusammen mit dem Fragenden gute, tragbare und nachhaltige Lösungen
Tipps:
- langjährige Bindung zu unabhängige Berater pflegen
Gott und Religion
Eigene “Interessen”:
- gibt Ratsuchenden Werte an die Hand, die bei der Problemlösung helfen
- macht einen Blick von „oben“ aus einer nüchternen Ebene möglich
- sieht das große Ganze und geht nicht im „Alltagsgeschehen“ unter
- sieht den „Wald vor lauter Bäumen“
Tipps:
- Werte kennen und in die Praxis umsetzen können
Ethik
Eigene “Interessen”:
- hilft „mit Abstand“ einen Streitfall zu betrachten
- gibt einen religionsneutralen Wertekatalog zur Problemlösung
- ethische Nachhaltigkeit und Compliance-Regeln wollen langfristige Lösungen, die nicht nur schnelle Erfolge bringen, sondern auch auf längere Sicht allen Beteiligten und Betroffenen einen Gewinn bringen
- gibt eine feste Struktur, um die Abläufe hin zur Lösungsfindung systematisch ablaufen zu lassen
Tipps:
- Organisationsstrukturen einführen, die den Grundsätzen der Nachhaltigkeit und der Compliance Regeln entsprechen
4
Fazit
Einseitiges Durchsetzen der eigenen Interessen am Arbeitsplatz rechnen sich auf lange Sicht nicht!
- Aufgrund der hohen Personalfluktuation und dem damit verbundenen Einarbeitungsaufwand und Know-How-Abfluss lohnt sich rechtswidriger Umgang mit Arbeitnehmern nicht – Gleiches gilt auch für die Arbeitnehmer!
- Arbeitsrecht ist für Existenzgründer „ein heißes Eisen“, dass bei richtigem Umgang ihr Potential durch viele gut motivierte Arbeitnehmer deutlich vervielfachen kann!
Weiter geht es…
- mit dem diesem nächsten zugehörigen Beitrag -> Richtige Strategie: 10 Tipps zum richtigen Umgang mit den ersten Arbeitnehmern!
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PS:
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Um das auszuschließen bitte ich Sie, vor der Anwendung der hier erläuterten Inhalte
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- bei Zweifeln diese mit mir in einem persönlichen Gespräch zu klären oder
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